Lehrgang Psychoonkologie der österreichischen Akademie für onkologische Rehabilitation und Psychoonkologie (ÖARP)

 

Beginn: April 2016


 

Hintergrund

Ein Tumor lässt sich meist mit bildgebenden Verfahren sichtbar machen, die Gedanken und Gefühle eines Krebspatienten hingegen nicht. Wie sich diese im Verlauf der Erkrankung verändern, können Außenstehende nicht immer unmittelbar erkennen oder nachempfinden. Die Diagnose einer „bösartigen" Erkrankung bedeutet für die Betroffenen eine existentielle Krise. Betroffen sind aber nicht nur die Menschen, die wir Patienten nennen, sondern auch ihre Partner, Kinder, Eltern und wir – Ärzte, Pflegende, Psychologen und Psychotherapeuten.

Das Besondere dieser Krisensituation ist die gleichzeitige Änderung körperlicher (Krankheit und ihre Symptome, Nebenwirkungen der Therapie, Anaemie, Neuropathien, „chemobrain", ...),seelischer (Ängstlichkeit, Depressivität, Einsamkeit, Suizidalität, Einschränkungen der Sexualität...) undsozialer (Armut, Bildungsmangel, sozialer Abstieg, ...) Bereiche unseres Daseins und das häufige Auftreten posttraumatischer Belastungsreaktionen. Die Begegnung in diesen Grenzsituationen stellt besondere Anforderungen an alle Betroffenen. In der Ausbildung wird dieser Teil gar nicht oder wenig konstruktiv gelehrt, meist in der Erwartung, man werde durch die praktische Erfahrung schon lernen, was funktioniert und was nicht. So lernen wir im Sinne der berühmt-berüchtigten Philosophie des „Learning by Doing", welche kommunikativen Elemente beim Patienten ankommen und welche das Ziel verfehlen. Wird es zu schwierig, zu komplex oder zu sensibel, dann fehlen uns oft das Handwerkszeug zur Kommunikation, die notwendige Zeit, das Vertrauen zu uns und in uns, um diese für den Patienten gravierende Situation auszuhalten. Der Patient bleibt in seiner Welt der Empfindungen sich selbst überlassen.

Psychoonkologie ist heute ein integraler Bestandteil der Onkologie und beschäftigt sich mit den Auswirkungen der Krebserkrankungen auf Patient, Angehörige und Betreuer während den verschiedenen Phasen der Krankheit, der Krankheitsbewältigung und den Möglichkeiten der psychosozialen und psychotherapeutischen Unterstützung der Betroffenen. Jedes Jahr erkranken in Österreich mehr als 36.000 Menschen neu an Krebs. Die Fokussierung der medizinischen Forschung in der Onkologie auf das Überleben führt durch verbesserte Früherkennung und wirksamere Behandlungen zu einer kontinuierlichen Zunahme der Lebenserwartung. Dadurch konnte sich ein weiterer Forschungsschwerpunkt entwickeln: ist das Überleben gesichert, rückt das Leben nach oder mit einer Krebserkrankung in das Zentrum der Aufmerksamkeit. Trotz aller Erfolge im Kampf gegen Krebs führen Krankheit und Behandlung meist zu einer Beeinträchtigung der körperlichen Funktionalität, des psychischen Wohlbefindens und des sozialen Lebens. Betroffen davon sind nicht nur PatientInnen, sondern auch Ihre Partner, Eltern und Kinder, aber auch wir – ÄrztInnen, Pflegende, TherapeutInnen. Was bedeuten für die Betroffenen Polyneuropathie, Anämie, „chronic fatigue syndrome", „chemobrain", posttraumatische Belastungsreaktionen, Depressivität, sexuelle Beeinträchtigungen… Wie können wir Menschen, die diese Erfahrungen gemacht haben, bei Ihrer Rückkehr in einen veränderten sozialen und beruflichen Alltag nachhaltig unterstützen. Studiendaten belegen den Einfluss psychosozialer Faktoren auf das Überleben und dass bis zu 50 Prozent der Krebspatienten Bedarf an psychosozialen Dienstleistungen haben. Die tatsächliche Inanspruchnahme liegt aber wesentlich niedriger.

Ziel dieses Lehrganges ist es

1) klare evidenzbasierte Kenntnisse der biologischen (medizinische Aspekte aus den Fachgebieten Onkologie, Psychiatrie und Neurologie, physikalische Medizin, Psychosomatik, Sexualmedizin, Gender Medizin, onkologische Rehabilitation, Palliativmedizin), psychischen (psychoonkologische Basisdiagnostik, Paar und Familientherapie, Krisenintervention, Konfliktbewältigung, Kommunikationsstrategien etc.) und sozialen(psychosoziale Medizin, systemische Therapieansätze, arbeits-, sozial-, medizin- und familienrechtliche oder pflegespezifische Aspekte) Bedingungen der Krebserkrankung zu vermitteln

2) pathologische Entwicklungen zu erkennen, zu diagnostizieren und therapieren

3) entsprechend dem biopsychosozialen Modell der Onkologie reaktive Veränderungen zu normalisieren, Resilienz und Adhärenz zu fördern, Mythen (unsere als auch die unserer KlientInnen) der Krebsentstehung zu thematisieren und schließlich unsere eigenen Grenzen als Betreuer wahrzunehmen und an diesen Grenzen Begegnung zu ermöglichen

4)Menschen, die an Krebs erkrankt sind oder eine Krebserkrankung überstanden haben – unabhängig von ihrem Geschlecht oder sozioökonomischen Status – zu unterstützen und zu befähigen, die eigene Lebensweise so zu gestalten, dass sie der Gesundheit und der Krankheitsbewältigung förderlich ist und die bestmögliche Lebensqualität resultiert.

Es ist unser Anliegen, in einer Zeit zunehmender Regulierung und Ökonomisierung vieler Aspekte der Gesundheitsberufe, der Begegnung und dem Gespräch den Stellenwert und die Zeit zu geben, die ihm gebühren. Es ist eine Notwendigkeit, die Fortschritte und die Grenzen der modernen Medizin in der Begegnung für die Betroffenen begreifbar zu machen und damit eine Grundlage zu schaffen, um das, was Krankheit bedeutet, verstehen und damit ertragen zu können.


Prim. Univ. Prof. Dr. Alexander Gaiger

Für die Lehrgangsleitung




Lehrgang Psychoonkologie 2016

der österreichischen Akademie für onkologische Rehabilitation und Psychoonkologie (ÖARP)

 


Ziel
Weiterbildung hämatologisch und onkologisch tätiger ÄrztInnen, Pflegende, PsychologInnen, PsychotherapeutInnen und SozialarbeiterInnen im Bereich der psychosozialen Unterstützung von Krebspatienten und deren Angehörige, sowie KollegInnen aus dem Bereich der Palliativmedizin und onkologischen Rehabilitation. Vermittlung der wissenschaftlichen Grundlagen und etablierten Behandlungsrichtlinien der Psychoonkologie unter besonderer Berücksichtigung der Palliativmedizin und onkologischen Rehabilitation.


Daten
Beginn: April 2016
Fortbildungdauer: 1,5 Jahre (3 Semester)
Umfang: 240 Stunden

  • 140 Stunden Kommunikationstraining und Selbsterfahrung aufgeteilt auf 9 Blockseminare
  • 40 Stunden Theorie aufgeteilt auf 3 Blockseminare
  • 20 Stunden Fortbildung auf dem Gebiet der Hämatologie und Onkologie (DFP akkreditierte Veranstaltungen, frei wählbar, z.B. Kongresse etc.)
  • 40 Stunden Abschlussarbeit (frei einteilbar)

Abschluss
Präsentation der Abschlussarbeit Psychoonkologie (Integration psychoonkologischer Betreuungskonzepte in bestehende Strukturen)

Kosten
4700 Euro, inkludiert 9 Workshop- und 3 Theorieblöcke, Seminarunterlagen, Seminargetränke, Kaffeepause, Mittag- und Abendessen, Übernachtungen. Teilzahlungen sind nach Absprache möglich.

Lehrgangsleitung
Prim. Univ. Prof. Dr. Alexander Gaiger






Kontakt und Koordination
Prof. Dr. A. Gaiger (e-mail: alexander.gaiger@meduniwien.ac.at)
Tel: 01/40400/44100

 

Inhalte
  • Grundlagen der Psychoonkologie und der Gesprächsführung
  • Kommunikationstraining „Breaking bad news"
  • Indikationen für psychoonkologische Interventionen, spezielle Gesprächssituationen (Diagnose, Wechsel der Behandlung, ..)
  • praktische und theoretische Kenntnisse psychoonkologischer Interventionen
  • Medizinische Hypnose
  • Traumatherapie und Krisenintervention
  • Palliativmedizin und Medizinethik
  • Onkologische Rehabilitation
  • Psychiatrische Notfälle
  • Sucht und Krebs
  • Medikamentöse und nicht medikamentöse Schmerztherapie (Hypnose)
  • Sexualmedizin
  • Kommunikation mit Patienten und Angehörigen, Kinder von Krebspatienten
  • Krankheitsverarbeitung im Krankheitsverlauf, Umgang mit Grenzen
  • Resilienz, Adhärenz und Salutogenese
  • Ernährung und Krebs, komplementäre Krebstherapie
  • Möglichkeiten der Integration von psychoonkologischen Konzepten in die onkologische Stations- und Ambulanzarbeit und dem niedergelassenen Bereich
  • Entlassungsmanagement und Zusammenarbeit mit dem extramuralen Bereich
  • Strategien der Burn-out-Prophylaxe

Ort und Zeit
Ort: Lebens. Med Zentrum Bad Erlach/Wr.Neustadt, NÖ, onkologisches Rehabilitationszentrum
Termine (Ersatztermine nach Vereinbarung möglich):
Workshops (W), Theorieblöcke (T)
 

W1: 21.4.-22.4.2016

W2: 9.6.-10.6.2016

T1: 15.9.-16.9.2016

T2/Kongress ÖARP: 30.9.-1.10.2016

W3: 20.10.-21.10.2016

W4 11.11.-12.11.2016

W5: 24.11.-25.11.2016

T3: 19.1.-20.1.2017

W6: 24.2.-25.2.2017

W7: 16.3.-17.3.2017

W8 21.4.-22.4.2017

W9 und Abschluss 18.-19.5.2017


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